Kerstins Fraktionsstellungnahme zur Schutzgebietsverordnung AWZ vor Sylt

Kreistag, 11.3.2016

Fraktionsstellungnahme zum Entwurf der Schutzgebiets-Verordnung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) „Sylter Außenriff – östliche Deutsche Bucht“ 

Mit den Verordnungen sollen die Natura-2000-Gebiete in der deutschen „Ausschließlichen Wirtschaftszone“ (AWZ) nach 11 Jahren endlich den rechtlichen Status von Naturschutzgebieten erhalten.  Die Umweltverbände NABU, BUND, Deepwave, DNR, DUH, Greenpeace, Schutzstation Wattenmeer, WWF und Whale & Dolphin Conservation kritisieren in einer gemeinsamen Stellungnahme scharf, dass die Entwürfe ungenügend sind, da sie weiterhin die massive Übernutzung der Meere zulassen und die naturschutzfachlichen Notwendigkeiten ignorieren. Vor allem aber werden sie den EU-Verpflichtungen nicht gerecht.

Bereits 2004 wurden die Schutzgebiete ausgewiesen. Jetzt, mehr als elf Jahre später, legt die Bundesregierung endlich die Verordnungsentwürfe vor. Seit Jahren blockieren Streitigkeiten der beteiligten deutschen Ministerien aus den Bereichen Verkehr, Fischerei, Forschung und Wirtschaft mit dem federführenden Bundesumweltministerium jegliches Vorankommen. Der effektive Schutz von bedrohten Arten und Lebensräumen verbleibt dabei im toten Winkel der Ressortstreitigkeiten.

Bis heute wird in den Schutzgebieten, den wertvollsten Ökosystemen vor unseren Küsten, flächendeckend gefischt, es fahren tausende Schiffe und es finden Rohstoffabbau und militärische Manöver statt. Die deutschen Meeresschutzgebiete gibt es nur auf dem Papier. Und die Ministerien, die die Nutzergruppen vertreten, sorgen dafür, dass es auch so bleibt, kritisieren die Umweltverbände. Leidtragende sind Meeressäuger, Seevögel und zahlreiche Bodentiere, darunter auch seltene Weichkorallen. Dabei steht es schlecht um die Lebensgemeinschaften in Nord- und Ostsee. Laut nationaler Roter Liste sind fast ein Drittel der untersuchten Arten gefährdet. Grund dafür sind nach eigener Aussage der Bundesregierung die Fischerei, der Kies- und Sandabbau und der Eintrag von Nähr- und Schadstoffen.  

Für den Meeresschutz in der AWZ, dem Seegebiet zwischen zwölf und 200 Seemeilen vor der Küste, ist das Bundesumweltministerium zuständig. Dessen Kompetenz soll durch die neuen Verordnungen stark beschnitten werden, indem sich die Nutzerressorts faktisch ein Vetorecht gegen effektive Schutzmaßnahmen sichern. In Naturschutzgebieten an Land ist es selbstverständlich, dass Genehmigungen für Forschung, Verkehrswege oder Angelsport von der Naturschutzbehörde entschieden werden. Auf See verlangen die verschiedenen Ministerien, alle gleichberechtigt im Schutzgebiet mit entscheiden zu dürfen. Das kann so nicht funktionieren. Nahezu jedes Ressort fordert Ausnahmen und kaum eine Meeresnutzung soll geregelt werden.

Die Verantwortung Deutschlands für den Schutz seiner einzigartigen Natura-2000-Gebiete, wie sie die Bundesregierung auch im Koalitionsvertrag verankert hat, scheint vergessen. Erhielt die Bundesregierung jüngst noch viel Zuspruch beim sogenannten EU-Fitnesscheck für ihre aktive Rolle bei der Verteidigung der EU-Umweltrichtlinien, so scheint dies vergessen, wenn es um wirtschaftliche Interessen vor der eigenen Haustür geht. Die jetzigen Verordnungsentwürfe kommen einer Aushöhlung des Bundesnaturschutzgesetzes gleich. „Die Verordnungen müssen grundsätzlich überarbeitet werden“, so das Fazit der Umweltverbände. So müssten in diesen u.a. auch die völkerrechtlichen Verpflichtungen regionaler Meeresschutzübereinkommen berücksichtigt und für die Meeresnatur gefährliche lärmintensive seismische Untersuchungen oder die Kohlendioxidverpressung verboten werden.

Wie gesagt, der Kreis konnte in der Kürze der Zeit nicht detailliert Stellung nehmen. Aber mit unserer Aussage, dass wir erwarten, dass der Vorrang des Naturschutzes in Naturschutzgebeiten tatsächlich umgesetzt wird, haben wir nach gesundem Menschenverstand eigentlich alles gesagt.