Rede von Margot Böhm zu TOP 9 (LNVP)

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Zeit des Autozentrismus ist ein für allemal vorbei. Die notwendige Verkehrswende ist weit mehr als eine Antriebswende, wir müssen die Dinge imZusammenhang denken, verschiedene Stellschrauben zusammen bringen und dabei etwas kreativer werden als wir es bisher waren. Wir müssen für das Erreichen der Klimaziele viel mehr Menschen von Öffentlichen Verkehrsmitteln überzeugen, – und wir haben ja beschlossen, uns an den UN-Nachhaltigkeitszielen zu orientieren.

Ich weiß nicht wer von Euch ist zuletzt mit der Bus-Linie R1 (Niebüll-Flensburg) gefahren ist. Ich bin erst gestern mitgefahren und habe gestanden.

Welche Autofahrerin, welcher Autofahrer steigt freiwillig vom Auto um in den Bus?

Aber diesen Umstieg möglich zu machen ist das, was wir flächendeckend hinkriegen müssen – mit wirklich guten, attraktiven Angeboten. Nun bekommen wir mit der Reaktivierung der Bahnstrecke Niebüll-Husum Chancen auf dem Silbertablett serviert, ohne dass wir dafür Geld in die Hand nehmen müssen.

Lasst uns da doch zugreifen!

Zuerst zu den genannten Nachteilen und Befürchtungen:

1. Der Bau eines Hauses an einer nicht entwidmeten Bahnstrecke kann dazu führen, dass irgendwann wieder Züge am eigenen Garten vorbeifahren. Dieses „Risiko“ dürfte jedem und jeder bewusst gewesen sein.

Aber: moderne Züge sind elektrisch und fahren sehr leise. Es geht hier um moderne

Regionalzüge, nicht um Güterzüge, nicht um ICEs. Und: neben Einzelinteressen ist von uns Politiker:innen zunächst das Gemeinwohl zu berücksichtigen.

  • Ihr befürchtet, dass Ihr als Autofahrer länger braucht, weil Ihr an Bahnübergängen warten müsst. Moderne Signalanlagen jedoch reagieren blitzschnell. In den Niederlanden gibt es diese gute Technik schon seit Jahrzehnten.Es wird nicht länger dauern als der Halt an einer Fußgängerampel.

3. Ihr befürchtet eine Vernachlässigung der Marschbahnstrecke. Das wird aber nicht passieren, ist doch ihre Elektrifiizierung längst beschlossene Sache und die Zweigleisigkeit auf dem Weg. Die Tendenz geht sogar dahin, die bereits bis 2026 zu realisieren, das würde sie nämlich wegen der eingesparten fossilen Treibstoffe um 1 Mio Euro billiger machen. Die Streckenreaktivierung ist im LNVP nicht erste Prio und wird nach der Elektrifizierung der Marschbahnstrecke verwirklicht.

Von der Reaktivierung der Bahnstrecke Niebüll-Flensburg wird ganz NF profiitieren.

Warum?

1. Züge sind komfortabler als Busse.

Sie bieten deutlich mehr Platz für Menschen Kinderwagen, Fahrräder, Rollstühle, auch zum Sitzen.

Züge fahren ruhiger, sind leiser, bieten (meistens) Tische zum Arbeiten.

Das Umsteigen ist leichter, die Realisierung von Anschlüssen sind leichter aufeinander abstimmbar. Busanschlüsse laufen auf der Marschbahn ja unterhalb des Radars.

2. Züge sind schneller als Busse.

Rund 10.000 Menschen quälen sich heute über die B199. Attraktive Zugverbindungen werden hier für eine Entlastung sorgen und auch die verbleibenden Autofahrer:innen entlasten.

Wer den Zug nimmt, profitiert von stark verkürzten Fahrtzeiten. Bei 120 km/h sinkt die Fahrzeit auf eine halbe Stunde, das ist die Hälfte der Zeit, die der Bus braucht. Selbst mit nur 80 km/h läge sie bei nur 40-45 Minuten.

Auch die Verbindungen über Eck profitieren.

Zum Beispiel Leck-Husum: heute mit Zug und Bus 57`, in Zukunft 40-45 `(nicht langsamer als mit dem Auto).

Zum Beispiel Bredstedt-Flensburg: heute ca. 1,5 h, in Zukunft 45-50`(nicht langsamer als mit dem Auto).

  • Die Reaktivierung der Bahnstrecke schafft finanziellen Spielraum für neue Busanbindungen.

Selbst unsere Bundesregierung, die nicht bekannt ist für eine moderne Verkehrspolitik, setzt inzwischen ganz richtig flächendeckend auf eine starke Schiene und Streckenreaktivierungen.

Die Reaktivierung der Bahnstrecke kostet uns als Kommune nichts. Die Förderquote des Bundes für Reaktivierungen beträgt 90%, der Rest übernimmt das Land. Extra-Investitionen ins Bahnhofsumfeld (Fahrradhäuschen, Vorplätze, Zuwegungen) werden zu 75% aus Landes-GVFG-Mitteln gefördert.

Busse sollten also das tun, was sie gut können: die Fläche erschließen, alle Orte anbinden, kleine Fahrgastmengen befördern, flexibel und bedarfsorientiert sein, öfter halten und somit die Durchreisenden zeitlich entlasten.

4. Die Bahnanbindung stärkt die Region.

Unzählige Studien zeigen, dass ein an den Bahnverkehr angeschlossener Ort dessen

Attraktivität für die Bevölkerung und die Wirtschaft erhöht.

Dass wissen auch diejenigen an der Strecke Niebüll-Flensburg, die sich mit dem Thema wirklich beschäftigt haben.

Nur wer muss fährt Bus, denn wer kann fährt Bahn.

Aus unserer Sicht ist die Stellungnahme der Verwaltung zur Streckenreaktivierung Kompromiss genug.

Bei Euren Punkten zu den zusätzlichen Bahnhaltepunkten wie Ahrenviölfeld gehen wir mit. Ich beantrage, die beiden Punkte getrennt abzustimmen.

Margot BöhmRede auf der KT-Sitzung am 17.9.21 – es gil