Antragseinbringung von Kerstin zum Aufruf an die Bundesregierung: „Keine Abschiebungen nach Afghanistan“

Dies ist ein Antrag der Fraktionen von SPD, Grünen, SSW, Wählergemeinschaft  Nordfriesland und FSD. Hintergrund ist eine Sitzung der Lenkungsgruppe zum Nationalen Integrationsplan, die im Februar getagt und vor allem nach Berichten unserer Ausländerbehörde zur Situation der afghanischen geflüchteten hier im Kreis diskutiert hat, dass ein Appell an die Bundesregierung notwendig sei. Mit diesem Anliegen haben sich die antragstellenden Fraktionen befasst und sind dann dazu gekommen, folgenden Antrag zu stellen:

Der Kreistag NF ruft die Bundesregierung auf, die Sicherheitslage in Afghanistan angesichts des aktuellen Berichtes des UNHCR neu zu bewerten und bis zu dieser Neubewertung keine weiteren Abschiebungen nach Afghanistan vorzunehmen.

Begründung des Antrages:

Afghanistan ist nicht „sicher“, im Sinne dessen, wie unsere Asylgesetzgebung sichere Herkunfstländer versteht – diese besagt nämlich: Als sichere Herkunftsstaaten gelten Länder, von denen der Gesetzgeber annimmt, eine politische Verfolgung finde dort nicht statt. Asylanträge von Menschen aus als sicher eingestuften Herkunftsstaaten werden in der Regel abgelehnt, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen. Zuwanderer aus diesen Ländern können leichter abgeschoben werden.

Der aktuelle Bericht des Flüchtlingshochkomissars der vereinten Nationen, UNHCR,  widerspricht der Bewertung der Bundesregierung zur Sicherheitslage in Afghanistan. Er äußerte zudem ernste Bedenken an der im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr gesunkenen Schutzquote für Afghan*innen in Deutschland, die sich mit der Lage am Hindukusch keineswegs begründen lasse. Man muss dazu wissen, dass Afghanistan  zu den größten Missionen des Flüchtlingshochkommissariats zählt.

Mit uns hier hat das zu tun, weil auch in Nordfriesland ca. 110 Geflüchtete aus Afghanistan leben. Bei den 140 minderjährigen unbegleiteten AusländerInnen (sog. UMAs) stellen die Afghanen mit 65 die größte Gruppe. Wobei ja auch im ASA berichtet wurde, dass man einfach merkt, dass die afghanischen Jugendlichen, die hier sind, Schreckliches erlebt haben und oft sind Verletzungen und auch Folgen von Folter erkennbar.  Viele Afghanen, die jetzt von Abschiebung bedroht sind, leben bereits lange in Deutschland und haben sich gut integriert.

UNHCR und andere Hilfsorganisationen wie Amnesty international, Terre des Hommes und Terre des Femmes haben Ende Dezember desaströsen Fakten veröffentlich, die aus ihrer Sicht gegen Abschiebungen nach Afghanistan sprechen und zu einer neuen Bewertung der Sicherheitslage führen müssten. Insbesondere eine pauschale Einschätzung bestimmter Regionen Afghanistans als „sichere und zumutbare interne Schutzalternative“ sei „nicht möglich“.

Insgesamt sind laut UN-Bericht im vergangenen Jahr 11.418 Unbeteiligte getötet oder verletzt worden, das sind drei Prozent mehr als 2015. Die Zahl der Verletzten sei um sechs Prozent auf 7.920 Menschen gestiegen. 3.498 seien getötet worden, jeder dritte Tote sei ein Kind.

Da ist es schon zynisch, wenn AM de Maizière Abschiebungen rechtfertigt, in dem er sagt,  Zivilisten seien in Afghanistan nicht Ziel, sondern nur Opfer von Anschlägen.

Anfang Februar war das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Afghanistan Ziel eines Attentats, bei dem sechs seiner Angestellten getötet wurden. Bis Dato überstiegen die humanitären Bedürfnisse die Kapazität der Hilfsorganisationen in Afghanistan ohnehin bei weitem. Jetzt hat das IKRK auch noch seine Arbeit in Afghanistan vollständig eingestellt. Humanitäre Organisationen sind wachsender Gefahr in den immer länger dauernden und fragmentierten Kriegen ausgesetzt sind. „Dass diese Menschen zu Zielscheiben werden, zeigt die menschenverachtende Geisteshaltung von Terroristen“, erklärt auch das Auswärtige Amt in Berlin.

Dass die Sicherheitslage in Afghanistan desaströs ist und sich im zweiten Halbjahr 2016 noch einmal gravierende verschlechtert hat, erkennt auch der  Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an. Insofern bitte ich Sie herzlich, unserem Antrag zuzustimmen.