Rede von Martje zum Erhalt der Geburtshilfe in Nordfriesland

von Martje Seemann

zur Kreistagssitzung am 25.03.2014

zu TOP „Beratung und Beschlussfassung zur zukünftigen Geburtshilfe in Nordfriesland“

Den Antrag der SPD zur Bekennung zur Nordfriesischen Geburtshilfe unterstützen wir gerne- doch ist dieses nicht mehr als eine bloße Willensbekundung! Die freiberuflichen Hebammen in Niebüll und Wyk brauchen aber mehr als nur Worte! Deshalb ist es gut, dass das Klinikum nun die Erhöhung der Haftpflichtkosten übernimmt.

Wir können nicht warten, in der Hoffnung, das unsere Bundesregierung den großen Schritt macht – denn bis jetzt sind alle Versuche der Lösung geprägt von falschen Informationen – „der Bundestag gebärt Blödsinn…“, sagte eine Kollegin so schön…..Auch ich verfolge mit Staunen und Unglauben die Diskussionen und die Falschaussagen im Bundestag und selbst in der Tagesschau!

Deswegen nutze ich die Chance hier und heute.

Fakt ist- vor 10 Jahren bedurfte es 5 Geburten um meine Haftpflichtkosten zu decken- heute sind es 25!!!!

Des Weiteren sind nicht nur vereinzelte Hebammen betroffen oder „der kleine Prozentsatz der Hausgeburten“- NEIN, Deutschlandweit werden 25% aller Geburten von freiberuflichen Hebammen geleitet und

allein hier in NF betrifft es gleich 2 von jetzt noch 3 geburtshilflichen Abteilungen!

Wollen wir auch hier zusehen, wie uns diese Abteilungen  wie auf Sylt, wegbrechen?

Das zu Jahresbeginn entstandene „Boardinghouse- Konzept“ belohnt uns jetzt mit einer Kaiserschnittrate von nahezu 100 %!!!!!!!

In allen vergangenen Lösungsversuchen wurden wir immer wieder parteiübergreifend mit dem Argument konfrontiert “ man könne nicht eine einzelne Berufsgruppe unterstützen …. wo kommen wir denn dann hin……dann müssen wir bald jeden Handwerker unterstützen….“

Meine Damen und Herren, wer es immer noch nicht verstanden hat- es ist nicht 5 vor 12- es ist 5 nach 12!!!!

Die Hebammen kommen nicht mehr wieder, wir sehen dabei zu einen ganzen Berufstand, einen der ältesten Berufsstände überhaupt, abzuschaffen. Jeder von Ihnen ist durch die Hände einer Hebamme ins Leben gekommen!

Wir sind professionelle Frauen mit einem enormen Fachwissen und einem großem Herz- wir begleiten nicht nur Kinder ins Leben- wir begleiten Familien auf ihrem Weg- fast ein ganzes Jahr!!!! ICH bin dabei, wenn Frauen alles tun um schwanger zu werden, wenn sie es endlich geworden sind, , wenn das 16 jährige Mädchen schwanger ist, wenn die Kinder im Schwangerschaftsverlauf wieder verloren werden, wenn kein Geld da ist , um die Miete zu bezahlen, wenn der Mann seinen Job verliert, wenn der  Mann in der Schwangerschaft seine Familie wegen einer anderen verlässt, ein Elterngeldantrag nicht ausgefüllt werden kann, wenn das Kind behindert zur Welt kommt, wenn die Frau von ihrem Mann verprügelt wird, werde ich angerufen in der Hoffnung auf Hilfe. Ich bin dabei, wenn die Familie ihr Kind im Sterben begleitet und begraben muss,

…..

ich könnte die Liste noch unendlich ausführen- wir Hebammen sind 24 Std 7 Tage die Woche für die Familien da, wir sind Vertraute und Wegbereiter ins Leben!

Und unter der Geburt? Ja, da entscheiden WIR wann wir den Arzt dazu ziehen- es liegt in unserer Hand, ob dieses Kind, diese Familie einen guten Start ins Leben hat.

Deswegen, lassen sie uns endlich Hebammenhilfe als das sehen, was es ist- Daseinsvorsorge! Geburtshilfe ist nie wirtschaftlich und immer emotional!

Lassen Sie uns mit dem SPD-Antrag ein Zeichen setzen und nicht aufhören, die nordfriesische Geburtshilfe am Leben halten! Der Aufsichtsrat hat den ersten Schritt getan und trägt die Erhöhung der Haftpflicht zum 1. Juli bis auf weiteres – doch uns GRÜNEN geht das nicht weit genug- wir fordern das Klinikum auf, für eine Gleichstellung der Wyker Hebammen mit den Niebüller Hebammen zu sorgen- auch hier MUSS die Bereitschaft der Hebammen, wie in Niebüll, vergütet werden!

Vielleicht gelingt das wieder so unproblematisch wie bei der Erhöhung der Haftpflicht. Wenn nicht, behalten wir uns vor, dazu einen Antrag einzubringen.