Beratung und Beschlussfassung über die Einführung eines On-Demand Verkehrs in den Teilnetzen Nordfriesland Nord und Süd für die Haushaltsjahre 2025-2029

Rede zu TOP 18 – KT-Sitzung am 14.06.2024

Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wer von Euch weiß, was wir als öffentliche Hand heute für den motorisierten Individualverkehr ausgeben? Z.B. für den Bau und die Sanierung von Straßen, Parkplätzen, Ampeln und die Verkehrsüberwachung? Für die indirekten Kosten durch Unfälle, Lärmbelästigung und Luftverschmutzung, die unsere Gesundheitssysteme und sozialen Dienste zusätzlich belasten?

Niemand nehme ich an. Denn über diese Kosten sprechen wir nicht und fassen dazu auch keine Beschlüsse. Sie sind einfach da, quasi gottgegeben. Studien zeigen, dass der Autoverkehr den Kommunen das Dreifache des ÖPNV kostet (https://www.unikims.de/blog/autoverkehr-kostet-die-kommunen).

Worüber also sprechen wir hier eigentlich?
Wir haben im Orientierungsrahmen für unser verkehrsträgerübergreifendes Mobilitätskonzept festgelegt, dass das Ziel eine Minderung des individuellen Verkehrsaufkommens ist bei gleichzeitiger Entwicklung umweltschonender Verkehrsmittel“. Der Beschlussvorschlag zahlt darauf ein. On-demand-Verkehre brauchen eine Anlaufzeit, und dann werden sie zu einem Erfolg. Der Lüttbus ist schon jetzt ein schönes Beispiel!
Ja, das erfordert eine finanzielle Investition. Diese Investition beträgt pro Einwohnerin und Einwohner jedoch unter 25 Euro im Jahr, also etwa 2 Euro pro Person im Monat. Ist das viel?

Erstens: On-demand-Verkehre ermöglichen Flexibilität und zeitliche Effizienz
Flexibilität und Effizienz im Alltag ist derzeit ohne eigenes Auto kaum denkbar. On-demand-Verkehre bieten eine maßgeschneiderte, effiziente und komfortable Alternative. Diese Dienste, die per App oder Telefon buchbar sind, holen die Fahrgäste genau dort ab, wo sie sind, und bringen sie schnell und sicher an ihr Ziel. Keine unnötigen Wartezeiten, keine Umwege – nur der direkte Weg.

Zweitens: Umwelt- und Klimaschutz
Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit, auch wenn wir das inzwischen teilweise vergessen zu haben scheinen. Der Verkehrssektor ist einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen. On-demand-Verkehre können dazu beitragen, diese Emissionen signifikant zu reduzieren. Durch die Bündelung von Fahrten und die Nutzung moderner, umweltfreundlicher Fahrzeuge können wir den Individualverkehr und damit die Umweltbelastung erheblich verringern. Jeder von uns weiß, wie dringend notwendig es ist, jetzt zu handeln, um die Lebensqualität für kommende Generationen zu sichern.

Drittens: Soziale Gerechtigkeit und Inklusion
Unsere Gesellschaft ist vielfältig, und Mobilität muss für alle zugänglich sein. Bundesweit haben mehr als 18% aller Volljährigen keinen Führerschein! Sie könnten sich also nicht einmal ein Auto leihen oder teilen. On-demand-Verkehre bieten insbesondere älteren Menschen, Jugendlichen, Menschen mit Behinderungen und Menschen, die sich kein Auto leisten können oder gar aus Umweltgründen drauf verzichent eine flexible und zuverlässige Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Sie fördern die soziale Inklusion und sorgen dafür, dass niemand aufgrund mangelnder Mobilität ausgegrenzt wird.

Viertens: Wirtschaftliche Vorteile
Ja, die Einführung von on-demand-Verkehren erfordert eine erhebliche Anfangsinvestition. Aber betrachten wir die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile. Durch die Verbesserung der Mobilität wird unser Nordfriesland attraktiver für Unternehmen und Fachkräfte. Die lokale Wirtschaft wird gestärkt, Arbeitsplätze werden wieder leichter besetzt, die Einnahmen der öffentlichen Hand steigen. Darüber hinaus können durch die Reduzierung des Individualverkehrs und der damit verbundenen Infrastrukturkosten langfristig erhebliche Einsparungen erzielt werden.

Fünftens: Kosten des motorisierten Individualverkehrs für den Landkreis
Der motorisierte Individualverkehr belastet nicht nur unsere Bürgerinnen und Bürger finanziell, sondern verursacht auch erhebliche Kosten für unseren Landkreis. Darüber habe ich zu Beginn bereits besprochen. On-demandVerkehre können diese Kosten signifikant senken, indem sie den Bedarf an Infrastruktur verringern und eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen ermöglichen.

Sechstens: Verbesserung der Lebensqualität
On-demand-Verkehre können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, unsere Städte und Dörfer lebenswerter zu machen. Die Aufenthaltsqualität für Einheimische und Gäste wird steigen. Weniger Verkehr bedeutet weniger Stress, mehr Sicherheit auf den Straßen und mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

Schlussgedanke
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ausweitung der on-demand-Verkehre ist ein Schritt in eine nachhaltige, gerechte und zukunftsorientierte Kreisentwicklung, die auf die UN-Nachhaltigkeitsziele einzahlt. Wir sind uns einig, dass wir uns an ihnen orientieren wollen. Bis 2030 ist nicht mehr viel Zeit.
Unsere Fraktion hätte für den Verwaltungsvorschlag gestimmt. Wir sehen aber, dass viele von Euch im Augenblick Probleme haben, sich auf diese Investition einzulassen. Sprechen wir also mit den Regionen und Gemeinden und lasst uns das Thema im Dialog voranbringen! Was den Alternativantrag angeht, so hätten wir gerne für die Beteiligung der Gemeinden einen Betrag von maximal 10% Prozent festgelegt gewusst. Dennoch werden wir ihm zustimmen und uns dafür einsetzen, dass das Projekt ein Erfolg wird.


Vielen Dank.
Margot Böhm
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN