Margots Rede zur Beibehaltung der Mietpreisbremse (TOP 14)

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Niemand ist dagegen, dass Wohnraum bezahlbar sein muss und niemand bezweifelt, dass Wohnraum überhaupt vorhanden sein muss.

Niemand bezweifelt darüber hinaus, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders davon profitieren, dass Wohnraum knapp ist – und dass andere besonders darunter leiden. Und dass der Unterschied zwischen Wohnraum und kein Wohnraum ein deutlich anderer ist der zwischen Butter und Margarine oder Twizy und Tesla.

Ich spreche hier als Sylterin.

Heute geht es um Mietpreisbremse und Kappungsgrenze und um die Frage, wie wir das finden, dass unsere Landesregierung beides abschaffen will.

Argument 1: „Sie greift ja eh nicht!“ sagen die einen, und die anderen kontern: „Tut sie doch, wenn auch bisher nicht in dem Maße wie gewünscht“ – Und: „es ist viel zu früh, das zu beurteilen“.

Argument 2: „Diese Instrumente schaffen keinen Wohnraum!“ sagen die einen, und die Metastudie des DIW Berlin sagt: „Tut sie doch, denn Neubauten sind von der Mietpreisbremse ausgenommen. Und wer verdienen will als Immobilienunternehmen, baut neu. Deshalb und wegen der niedrigen Zinsen rechnet sich das.“.

Argument 3: „Auf Sylt gibt es eh keinen qualifizierten Mietspiegel, woran soll man sich halten?“ Die Antwort ist: An drei ortsüblichen Vergleichsmieten. Dadurch, dass bei Neuvermietungen unter anderem bei Wohnungsbaugesellschaften die Preise immer deutlich angehoben werden, lassen sich leicht drei vergleichbare Wohnungen finden, die noch „bezahlbar“ sind – bezahlbar zumindest für Menschen, die noch in Lohn und Brot stehen, „Bezahlbarkeit“ ist relativ, und für viele Sylter Rentner*innen definiert die sich ganz anders.

Ich gebe ein Beispiel: Eine Wohnungsbaugesellschaft schlug ihren Sylter Mieterinnen und Mietern im Frühjahr diesen Jahres eine Mieterhöhung von 5% vor, freiwillig sollte man zustimmen, ansonsten, so drohten sie an, wäre im Herbst eine sogenannte gesetzliche Erhöhung von 20 % fällig.

Viele unterschrieben aus Angst. Aus Existenzangst! Die Rentnerinnen fragen sich, wie lange eine Mietzahlung und somit ein Leben auf Sylt für sie noch möglich sein wird.

Und ja, tatsächlich, jetzt kommt Argument 4 gegen Mietpreisbremse und Kappungsgrenze: wo kein Kläger, da kein Richter, und Geschwindigkeitsbegrenzungen im Straßenverkehr werden ja auch überschritten.

Wer aber würde auf die Idee kommen, eine Geschwindigkeitsbegrenzung in einem besonders sensiblen Gebiet (wie z.B. im Bereich von Kindergarten und Grundschule) aufzuheben, weil sie ja doch durch manche überschritten wird? Das ist absurd, geeignete Maßnahmen sind Geschwindigkeitskontrollen und die Heraufsetzung des Strafmaßes!

In unserem Fall: die Verschärfung von Mietpreisbremse und Kappungsgrenze und eine umfassende Aufklärung von Mieter*innen und Wohnungssuchenden über ihre Rechte.

Mietpreisbremse geht nämlich so: Angenommen, eine Mieterin sucht eine neue Wohnung. Der Vermieter möchte 12 Euro/qm. Die Mieterin findet 3 vergleichbare Wohnungen mit 6, 8 und 10 Euro/qm. Um die Wohnung überhaupt zu bekommen, unterschreibt sie den Vertrag. Jetzt kann sie nachträglich eine Kürzung : Auf 6 Euro (niedrigster Wert) plus 10%? Vorher ist ja unrealistisch, dann bekommt die Wohnung jemand anders.

Um auf das Beispiel der oben genannten Wohnungsbaugenossenschaft zurück zu kommen:

Was kann eine Mieterin tun, die seit 2,5 Jahren eine Kaltmiete von 10 Euro/qm zahlt und deren Vermieter diese nun um 15 % erhöhen möchte? Die o.g. Wohnungsbaugenossenschaft ist hier übrigens zurückgerudert und hat den Versuch mit den 20% zurückgenommen, weil sie einsehen mussten, dass wir eine entsprechende Kappungsgrenze haben. Und die begrenzt die Erhöhung zum einen auf 15% innerhalb von drei Jahren – und das nur bis zur Höhe der Vergleichsmiete. Wenn also vergleichbare Wohnungen 5,50, 6 und 8 Euro/qm kosten, kann die Mieterin darauf bestehen, dass die Miete gar nicht erhöht wird, weil somit die Vergleichsmiete bei 5,50 Euro liegt.

Ja, das muss man wissen! Und man muss seinen Vermieter darauf ansprechen! Ohne Kappungsgrenze aber haben Mieterinnen und Mieter gar keine Chance, permanenten Mieterhöhungen zu entgehen. Und 15% von 12 Euro sind im Übrigen noch mal deutlich mehr als 15% von 6 Euro.

Wir brauchen dringend eine Aufklärungskampagne.

Es gibt im Augenblick keine wirksameren Instrumente als Mietpreisbremse und Kappungsgrenze. Die öffentliche Hand ist verpflichtet, für ein Mindestmaß an Ausgleich im Wohn-Markt zu sorgen.