Rede zum Seebrücken-Antrag im Husumer Stadtparlament

Sehr geehrter Herr Bürgervorsteher, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, liebe Anwesende, Letztes Jahr im September rief das „Bündnis Buntes Nordfriesland“ die Bürger und Bürgerinnen aus Husum und Nordfriesland auf, ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Über 500 Menschen folgten dem Aufruf und fanden sich auf dem Husumer Marktplatz ein. An diesem Tag wurde deutlich, dass es den meisten Husumern und Husumerinnen am Herzen liegt, geflüchtete Menschen zu unterstützen.

Viele Husumer und Husumerinnen tun das aktiv als Ehrenamtler und Ehrenamtlerinnen in Zusammenarbeit mit der Fachstelle für Migration und Flüchtlinge von der Diakonie, der Caritas und der Migrationsberatung des Kreises, auch die Kooperation mit dem Husumer Sozialzentrum und Jobcenter läuft optimal, wie mir immer wieder berichtet wird.

Es ist gut und wichtig, sich um die Menschen hier vor Ort zu kümmern.


Aber es ist unerträglich, dass weiterhin Menschen bei der lebensgefährlichen Fahrt über das Mittelmeer ertrinken, während wir unserer täglichen Arbeit nachgehen.

Nach Schätzungen starben in 2018 mindestens 2.300 Menschen, in 2019 sind es laut UNHCR (Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) bisher bereits 507 Menschen. Leider müssen wir davon ausgehen, dass die Dunkelziffer wesentlich höher ist.


Dazu möchte ich ganz aktuell auf die unerträgliche Situation der Geflüchteten an Bord der „Sea-Watch-3“ eingehen, möchte aber auch die juristischen Schwierigkeiten erwähnen, die der Kieler Kapitänin Carola Rackete drohen, sie aber nicht davon abhalten konnten, Verantwortung für die Schiffbrüchigen zu übernehmen. Seit drei Wochen ist die „Sea-Watch-3“ mit 42 Geretteten an Bord auf dem Mittelmeer unterwegs, gestern ist das Schiff trotz fehlender Genehmigung in italienische Gewässer eingelaufen. Die Kapitänen sagte gestern: ,,Wir fahren nach Lampedusa. Ich kann die Risiken für die psychische und physische Gesundheit der Menschen an Bord nicht weiter verantworten. die Menschen haben Grundrechte, derer sie lange beraubt worden sind… . Wenn uns nicht die Gerichte freisprechen, dann die Geschichtsbücher. Ich bin bereit die Konsequenzen bis dahin zu tragen.“

Es geht nicht an, dass wir dem Sterben im Mittelmeer tatenlos zusehen. Das lassen unsere abendländischen Werte nicht zu. Völlig zu Recht betonen auch die beiden christlichen Kirchen immer wieder, wie erst kürzlich auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund: MAN LÄSST KEINEN EINZIGEN MENSCHEN ERTRINKEN.


Gemeinsam wollen wir den Menschen in Not Zuflucht bieten und ich weiß aus vielen Gesprächen, dass die Husumer und Husumerinnen nur zu gern bereit sind, diesen Weg der Solidarität miteinander zu gehen und Husum zum SICHEREN HAFEN zu machen. Bundesweit sind inzwischen 60 Städte und Gemeinden dabei, in Schleswig-Holstein sind es: Flensburg, Sylt, Kiel, Plön, Lübeck, der Kreis Schleswig-Flensburg und – wie könnte es anders sein: Der Kreis Nordfriesland. Wir Nordfriesen sind Nachfahren von Seefahrern, Husum ist seit seiner Gründung eine Hafenstadt, also schließen wir uns an und machen wir unsere Stadt zum SICHEREN HAFEN!

Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Ankunft der geflüchteten Menschen eine Bereicherung für unsere Gesellschaft ist, sie eröffnet uns neue kulturelle Perspektiven, neue Wege des Denkens, des Zusammenlebens in Toleranz und Solidarität, und nicht zu vergessen, der kulinarischen Genüsse, die wir alle nicht mehr missen möchten. Viele der seit 2015 zu uns gekommen Neubürger und Neubürgerinnen sind inzwischen in Ausbildung und Arbeit, das zeigt, dass wir alle miteinander auf dem richtigen Weg sind.


ABER: ES DARF KEIN EINZIGER WEITERER MENSCH IM MITTELMEER ERTRINKEN.


Wenn wir die offiziellen Zahlen der Toten in den Medien lesen, geht diese Meldung vielleicht einfach als eine von vielen schlechten Nachrichten an unserem Bewusstsein vorbei. Wenn ich aber neben einem oder einer Geflüchteten sitze, er oder sie das Handy aufmacht, mir ein Foto zeigt und sagt: Guck mal, das ist meine Freundin Senait oder mein Freund Hasan, wir sind zusammen zur Schule gegangen. Er ist vor einer Woche im Mittelmeer ertrunken. Meine Damen und Herren, dann kommt dieser oder diese Ertrunkene mir ganz nah, dann wird dieser Tod sehr konkret für mich und ich kann spätestens dann nicht mehr einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern weiß, dass wir alle gemeinsam etwas gegen diese Unmenschlichkeit tun müssen.


Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen und Husum zum SICHEREN HAFEN zu machen. 
Wir Bürger und Bürgerinnen hier in Husum stehen ein für Offenheit, Menschlichkeit und Vielfältigkeit.

–Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.–

Dank an Benedikta zu Stollberg für die Unterstützung.