Neue grüne Fraktionsvorsitzende im Kreistag

Wer neu im Kreistag ist, sollte schlagfertig sein. Denn manchmal muss man die sorgfältig vorbereitete Rede spontan ändern, um nicht die Worte der Kreistags-Kolleginnen und Kollegen, die vorher an der Reihe waren, zu wiederholen – oder um auf deren Argumente einzugehen. Manchmal wird noch während der Kreistagssitzung der Wortlaut eines Beschlusses geändert. Dann gilt es, sich schnell per Blickkontakt oder flüsternd über den Tisch gelehnt zu verständigen: Können wir da zustimmen? Gelegentlich wird die Sitzung für eine Beratung der Fraktionsvorsitzenden unterbrochen.

Die Runde der Fraktionsvorsitzenden im nordfriesischen Kreistag hat zum Jahresbeginn eine Änderung erfahren: Esther Drewsen ist neue Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/ DIE GRÜNEN mit ihren acht Kreistagsabgeordneten und fünf bürgerlichen Mitgliedern in den Fachausschüssen. Der bisherige Fraktionsvorsitzende Uwe Schwalm übertrug Esther Drewsen das Amt, nachdem er, wie er sagte, gesehen hat, „dass die Neuen das können“. Nun trete er beruhigt in die zweite Reihe zurück. Der 68-Jährige sitzt seit 1995 im Kreistag, 10 Jahre lang als Fraktionsvorsitzender der Grünen. Er will sich weiterhin besonders um seine Herzensthemen Mobilität und Rufbus kümmern und bleibt dritter stellvertretender Landrat.

Von den acht GRÜNEN-Abgeordneten sind sechs erst mit der Kommunalwahl im Mai neu in den Kreistag gewählt worden, Esther Drewsen gehört dazu. Mit den neuen Fraktionsmitgliedern kamen neue Themen, die Grünen übernahmen erstmals nicht den Vorsitz im Umwelt- sondern im Wirtschaftsausschuss. „Argumente wie ,Haben wir immer so gemacht’ schrecken uns nicht, sondern ermutigen uns, auch mal andere Wege zu erkunden“, sagt die neue GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende. Als Beispiel für neue grüne Wegmarken nennt sie das Thema Gemeinwohlökonomie. Die Gemeinden Breklum und Klixbüll sowie einige Institutionen in Nordfriesland wollen ihr wirtschaftliches Handeln an den Prinzipien der Menschenwürde und Nachhaltigkeit ausrichten. Nun soll geprüft werden, ob sich diese Ziele auch auf den ganzen Kreis anwenden lassen.

Drewsen ist Mitglied im Hauptausschuss sowie im Arbeits- und Sozialausschuss. „Da kommt schon viel Neues auf einen zu: Gespräche mit den anderen Fraktionen, immer wieder Kompromisse finden für eine breite Mehrheit, manchmal auch schmerzhafte“, berichtet sie. Das alles sei herausfordernd, aber auch sehr erfüllend. „Wir in der Grünen-Fraktion sind zum Glück ein tolles Team mit Experten für viele Themen, von Umwelt und Soziales bis zu Finanzen und Wirtschaft.“

Herzensthemen der 49-jährige Ärztin sind die gute Gesundheitsversorgung auf dem Land und Chancengleichheit für Menschen mit Einschränkungen aller Art. Ihr ist wichtig, dass das Klinikum in der Trägerschaft des Kreises bleibt. „Da sind wir uns mit den anderen Fraktionen einig und haben deshalb einstimmig im Kreistag beschlossen, in den nächsten drei Jahren 18 Millionen Euro in die Sanierung des Klinikums Nordfriesland zu investieren.“ Drewsen wohnt in Alkersum auf Föhr und arbeitet wochentags in Schleswig als Oberärztin in der psychiatrischen Klinik. „Ich bin froh, dass Uwe zunächst den Fraktionsvorsitz behalten hat, bis ich wusste, wie sich die Kreistagsarbeit mit meinem Beruf vereinbaren lässt.“ Inzwischen habe sich ihr neuer Alltag als Kommunalpolitikerin eingespielt, und sie werde weiterhin gut mit den anderen Fraktionen zusammenarbeiten – „In erster Linie mit den Partnern im Jamaika-Bündnis. Aber ich freue mich, dass wir viele Beschlüsse auch gemeinsam mit SPD, SSW und der Wählergemeinschaft treffen.“